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Bewaehrung, fehlerhafte Strafzumessung, Beschluss OLG Hamm

Bewaehrung, fehlerhafte Strafzumessung:

Die Bewaehrung, genauer die Strafaussetzung zur Bewaehrung, erspart einem Verurteilen den Aufenthalt in der JVA. Die Bewaehrung richtet sich nach § 56 StGB. Das Landgericht hatte die Voraussetzungen der Bewaehrung verkannt. Nur deshalb wurde die Aussetzung zur Bewaehrung verneint. Das Oberlandesgericht Hamm hat insoweit festgestellt, dass das Landgericht eine fehlerhafte Strafzumessung vornahm und nur deshalb nicht die Bewaehrung bejahte.

Bewaehrung, Voraussetzungen:

Eine Aussetzung zur Bewaehrung ist ohnehin nur bis zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren möglich, d. h. eine Bewaehrung kommt keinesfalls bei einer höheren Verurteilung in Betracht. Die Aussetzung zur Bewaehrung erfolgt, wenn angenommen werden kann, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Zur Prüfung der Bewaehrung ist also auf das Vorleben des Täters, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkung zu berücksichtigen. Die Aussetzung zur Bewaehrung erfolgt dann nach einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit und aller Umstände der Tat.

Beschluss des OLG Hamm zur Bewaehrung:

Im nachstehenden Beschluss geht es die Aufhebung eines Berufungsurteils des Landgerichts Dortmund zur Frage der Strafaussetzung zur Bewaehrung.

Oberlandesgericht Hamm

Beschluss

III – 1RVs 74/11 OLG Hamm 6 Ss 413/11 GStA Hamm 47 Ns 190 Js 398/09 (22/11) LG Dortmund

Strafsache

gegen

Verteidiger: Rechtsanwalt Sven Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund

wegen                   Körperverletzung

Auf die Revision des Angeklagten vom 9. Juni 2011 gegen das Urteil der 47. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 9. Juni 2011 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 8. November 2011 duch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Radberg, den Richter am Oberlandesgericht Kabuth und den Richter am Amtsgericht Krumm

nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschft und des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig (§ 349 Abs. 4 StPO) beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

 

Gründe (zum Beschluss über die Bewahrung):

I.

Nachdem das Amtsgericht Dortmund den Angeklagten durch Urteil vom 1. Februar 2011 wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und der Angeklagte hiergegen eine auf das Strafmaß beschränkte Berufung eingelegt hatte, änderte das Landgericht Dortmund mit dem angefochtenen Urteil vom 9. Juni 2011 den Rechtsfolgeanspruch des amtsgerichtlichen Urteils dahin, dass die Freiheitsstrafe auf ein Jahr und sechs Monate reduziert wurde. Das Gericht ging dabei von folgenden tatsächlichen Feststellungen aus: „Vor dem 31.08.2009 verschaffte sich der Angeklagte unbemerkt den Wohnungsschlüssel des gemeinsamen Sohnes mit der damals von ihm getrennt lebenden und mittlerweile von him geschiedenen Zeugin …, dem … . … lebte zu dieser Zeit bei der Zeugin.

Von diesem Schlüssel fertigte sich der Angeklagte einen Zweitschlüssel und steckte seinem Sohn unbemerkt den seinen Wohnungsschlüssel wieder zu. Mit diesem angefertigen Zweitschlüssel betrat der Angeklagte am 31.08.2009 gegen 8.30 Uhr unbefugt die Wohnung der Zeugin.

Im Vorfeld hatte die Zeugin mit dem Angeklagten vereinbart, dass er gegen 9.00 Uhr bei ihrer Nachbarin klingeln solle, um seine Sachen aus dem Keller abzuholen. Die Zeugin hatte aus ihrem Keller die Sachen des Angeklagen herausgestellt und diese bereits in dem Kellervorraum aufgestapelt. Um mit dem Angeklagten nicht zusammenzutreffen, vor dem die Zeugin Angst hatte, war die Nachbarin eingeschaltet, um dem Angeklagten den Zugang zum Keller raum zu ermöglichen. Die Zeugin begab sich gegen 8.30 Uhr nochmals zur eigenen Wohnung, da sie zurückgelassene Papiere für die Arbeit benötigte. Um 8.30 Uhr ging die Zeugin davon aus, dass sich der Angeklagte noch nicht an ihrer Wohungsanschrift bzw. bei der Nachbarin eingefunden hätte. Die Zeugin sah nun das Fahrzeug des Angeklagten vor ihrem Wohnhaus, vermutete den Angeklagten bei ihrer Nachbarin oder bereits beim Ausräumen des Kellervorraums.

Ein Zusammentreffen mit dem Angeklagten im Treppenhaus beunruhigte die Zeugin nicht, so dass sie sich ohne Vorbehalte zur ihrer Wohnungstür begab. Beim Aufschließen der Wohnungstür fiel der Zeugin auf, dass das Wohnungsschloss nicht verschlossen, sondern vielmehr ins Schloss gezogen war. Beim Betreten der Wohnung hörte sie den Ventilator ihres alten Computers laufen, den sie schon länger nicht mehr benutzte. In ihrem Schlafzimmer, in dem sich auch ihr Arbeitsplatz befindet, fuhr auf ihrem PC das Windows-Programm hoch, ihre Schublade mit Einsteckakten war herausgezogen, auf dem Fußboden lagen Verdienstbescheinigungen von ihr, der Kopierer war eingeschaltet und die Klappe des Geräts hochgeklappt. Die Zeugin, die in ihrem Schlafzimmer niemanden antraf, vermutete nun, dass der Angeklagte in der Wohung sei. Trotz ihrer Angst vor dem Angeklagten suchte sie nunmehr in ihrer Wohung nach dem Angeklagten, um sich später nicht vorhalten zu müssen, dass sie sich eingebildet hätte, dass der Angeklagte an diesem Morgen widerrechtlich in ihre Wohnung eingedrungen sei. Die Zeugin schaute in der Küche und nochmals im Schlafzimmer in einem Schrank nach, fand den Angeklagten jedoch nicht. Sie wollte nunmehr mit ihrem Handy die Polizei benachrichtigen, stand beim Wählen im Flur vor dem Kinderzimmer. In diesem Moment kam der Angeklagte aus dem Kinderzimmer, er hatte sich dort hinter der Kinderzimmertür versteckt. Der Angeklagte fixierte sofort die Zeugin, schaute auf das Handy in der Hand der Zeugin und schlug ihr dieses aus der Hand. Die Zeugin hoffte, da sie bereits die 110 gewählt hatte, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits den Verbindungsknopf auf dem Handy gedrückt hatte, so dass die Polizei ihren Anruf entnehmen konnte. Sie versuchte, zur Wohnungstür zu flüchten, konnte diese aufziehen und bereits einen Schritt in den Hausflur machen, dort holte der Angeklagte sie jedoch ein und zog sie erneut in die Wohnung zurück, schloss die Wohnungstür. Auf dem Flur hatte die Zeugin noch laut um Hilfe gerufen und ständig ihre Adresse gerufen, damit die Polizei, sobald das Telefongespräch abgenommen wäre, ihre Anschrift mithören konnte. Wie sich später heraustellte, waren alle Hausbewohner zu Hause, jedoch reagierte kein Hausbewohner auf ihre Hilferufe.

Der Zeugin gelang es es noch einmal, die Wohnungstür zu öffnen, jedoch konnte der Angeklagte diese wiederum schließen. Während der ganzen Zeit rief die Zeugin weiter um Hilfe und ried ihre Wohnungsanschrift. Im Rahmen dieses Gerangels und Gezerres schlug der Angeklagte auf die Zeugin ein, zog ihr die Jacke über den Kopf hoch. Dabei ging die Zeugin nunmehr zu Boden. Am Boden liegend wurde sie vom Angeklagten im Sekundentakt jeweils rechts und links mit der Faust gegen den Kopf geschlagen. Die Zeugin hörte nunmehr auf zu rufen und zu schreien, bekam Todesängste und ging davon aus, nunmehr sterben zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt blutete die Zeugin aufgrund einer erlittene Platzwunde am Kopf bereits stark im Gesicht. In ihrer letzten Not sagte sie zu dem Angeklagten, dass sie doch die Mutter ihres gemeinsamen Sohnes sei. Daraufhin hörte der Angeklagte plötzlich auf zu schlagen. Er kniete sich nieder zur Zeugin und erklärete ihr, dass es nun erst richtig los gehen würde. Er beschimpfte sie massiv und hielt ihr vor, was sie alles in den letzten 3 Monaten gemacht habe. Sie solle mit mehreren Männern Verhältnisse gehabt haben, mehrere Männer seien in ihre Wohnung gegangen. Tatsächlich hatte die Zeugin das Bad ihrer Wohnung renovieren lassen, bei den benannten Personen handelte es sich ausschließlich um Handwerker. Der Angeklagte verließ dann die Wohnung, woraufhin die Zeugin sofort die Polizei per Handy anrief; dieser Anruf erfolgte um 9.05 Uhr. Die Zeugin wurde dann sogleich in ein Krankenhaus gebracht, wo sie vom 31.08. bis zu 03.09.2009 stationär beshandelt wurde. Sie verließ das Krankenhaus dann vorzeitig, weil sie sich bezüglich ihrer Beschäftigung noch in der Probezeit befand. Die Zeugin wurde bis zum 18.09.2009 arbeitsunfähig krankgeschrieben, nahm indes bereits vorher wieder ihre Abreit auf. Durch die Schläge des Angeklagten erlitt die Zeugin eine Schädelbasisfraktur, eine geschlossene Nasenbeinfraktur, eine Obita-Fraktur rechts und erhebliche multiple Prellungen. Die körperlichen Verletzungen  sind mittlerweile  verheilt. Die Zeugin klagt jedoch noch über Taubheit im rechten oberen Kopfbereich und über besondere Wetterfühligkeit. In der Folgezeit nahm die Zeugin wegen der Tat eine therapeutische Behandlung auf. Die Zeugin verlor aufgrund des Vorfalls vom 31.08.2009 ihre Arbeitsstelle; sie arbeitete damals als Leitung in einem Frauenhaus, konnte aufgrund ihrer eigenen Erlebnisse indes Aufnahmegespräche mit den Frauenhausbesucherinnen nicht mehr führen.“

Im Hinblick auf die beträchlche Dauer der Tat des Angeklagten gegenüber der Zeugin und auch der Erheblichkeit der dieser zugefügten Verletzungen erachtet das Landgericht die Verhängung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen, wobei es die geständige Einlassung des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung und den seit der Tat ruhenden Kontakt zu seinem Sohn strafmindernd in seine Erwägungen eingestellt hat. Die Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewaehrung hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil abgelehnt und hierzu ausgeführt:

„Diese Freiheitsstrafe konnte die Berufungskammer nicht zur Bewaehrung aussetzen.

Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB sind nämlich nicht erkennbar.

Die Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten ergibt keine besonderen Umstände, welche die Strafaufsetzung jetzt rechtfertigen könnten. Allerdings ist in der Hauptverhandlung erkennbar geworden, dass der Angeklagte sein Verhalten in gewisser Weise breut. Er hat durch Beschränkung des Rechtsmittels und durch seine weitere geständige Einlassung ferner der geschädigten Zeugin die sonst erforderliche Zeugenvernehmung erspart.

Dass der Angeklagte sich nicht mit der Zeugin wegen Schadenswiedergutmachung unmittelbar in Verbindung gesetzt hat, kann indes nicht im Sinne des Nichtvorliegens der Voraussetzung des § 56 Abs. 2 StGB ihm angelastet werden;  dem Angeklagten ist nämlich – dies hat er in der Hauptverhandlung auch so angegeben – die aktuelle Anschrift der Zeugin, die nach der Tat mit ihrem Sohn nach unbekannt verzogen ist, nicht bekannt; der Angeklagte konnte deshlab berechtigte Veranlassung haben, dass die Geschädigte keinerlei Kontakt zu ihm wünscht. Indes ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen gewesen, dass der Angeklagte insbesondere in Streitsituationen zu Kurzschlusshandlungen neigt.

Er ist bereits bei seinem Vorgehen im Oktober 2004 gewalttätig gegen diese Zeugin vorgegangen. In der Berufungsverhandlung befragt, ob er Veranlassung sehe, sich insoweit von einer Fachperson beraten zu lassen, ha t er geäußert, dass er dies nicht für erforderlich erachte, ggf. sich einer solche Behandlung aber auch unterziehen lassen wolle. Die Gesamtwürdigung dieser Umstände berechtigt nach der Auffassung der Berufungskammmer in ihrer Besetzung nicht die Annahme der Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB.“

Hiergegen haben die Verteidiger des Angeklagten unanhängig voneinander am 9. Juni 2011 Revision eingelegt. Der Pflichtverteidiger des Angeklagten hat dabei die Rüge der Verletzung formell und materiellen Rechts erhoben. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts hat nach Verteidigungswechsel der Verteidiger unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht zurückgenommen. Nach Urteilszustellung vom 14. Juli 2011 hat der Verteidiger die Verletzung materiellen Rechts damit begründet, dass die Erwägung im Rahmen der Entscheidung über die Aussetzung zur Bewaehrung nach § 56 Abs. 2 StGB rechtsfehlerhaft seien. Das Landgericht habe sich weder mit der Frage der Sozialprognose des § 56 Abs. 1 StGB befasst, noch eine Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten nach § 56 Abs. 1 StGB vorgenommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revison als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision hat in der Sache -zumindest vorläufig- Erfolg.

Der Rechtsfolgenausspruch hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht Stand. Zwar ist das Gericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich bei einer Strafhöhe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewaehrung nach § 56 Abs. 2 StGB bemisst, doch weisen die vin dem Landgericht im Rahmen der Prüfung dieser Vorschrift vorgenommenen Erwägungen Rechtsfehler auf.

 

Eine Strafaussetzung zur Bewaehrung nach § 56 Abs. 2 StGB bedarf zunächst des Vorliegens der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB.

Dementsprechend ist es erforderlich für eine Aussetzung zur Bewaehrung, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, wobei namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkung zu berücksichtigen sind, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. Des Weiteren fordert  § 56 Abs. 2 StGB, dass nach einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen, die eine Aussetzung zur Bewaehrung rechtfertigen.

Hier lässt das angefochtene Urteil jegliche Erörterungen dazu vermissen, ob dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu stellen ist.

Eine solche Erörterung erübrigt sich auch nicht allein dadurch, dass die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB verneint werden. Es ist nämlich bereits im Ansatz verfehlt, besondere Umstände i. S. d. §Abs. 2 StGB zu verneinen, ohne sich mit der Frage zu bfassen, ob dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu stellen ist (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16. Setpember 2009 – 2 StR 233/09 = BeckRS 2009, 26490). Dies gilt schon deshalb, weil zu den nach Absatz 2 zu berücksichtigenden Faktoren auch solche gehören, die schon für die Prüfung nach Absatz 1 von Belang sein können (vgl. BGH a.a.O. und Beschluss vom 30. April 2009 – 2 StR 112/09 m.w.N.).

Reichen nach Auffassung des Tatrichters dir für den Angeklagten sprechenden sonstigen Milderungsgründe nicht zur Bejahung besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB aus, kann eine dem Angeklagten zu stellende günstige Prognose den Ausschlag zugunsten der Aussetzung der Freitheitsstrafe zur Bewaehrung geben (BGH StV 1995, 20). Aus diesem Grund ist über die Frage, ob einem Angeklagten eine positive Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden kann, vorab zu befinden, auch wenn bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, die zwei Jahre nicht übersteigt, darüber hinaus besondere Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB vorliegen müssen (BGH StV 1995, 20; StV 2003, 670; OLG Hamm, Senatbeschluss vom 27.01.2005 – 1 Ss 34/05; Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 56 Rn. 19).

Auch die Verneinung der sonstigen Voraussetzung des § 56 Abs. 2 StGB ist rechtsfehlerhaft. Zwar ist die Entscheidung, ob die Vollstreckung einer Freitheitsstrafe zur Bewaehrung ausgesetzt wird, ebenso wie die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters (vgl. etwa BGH NStZ 2001, 366, 367; 2002, 312). Doch ist hierfür erforderlich, dass das Tatgericht überhaupt eine Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vornimmt (BGH, NStZ 1982, 417; Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 56 Rdnr. 23 m.w.N.). Eine erschöpfende Darstellung aller Erwägungen ist hierfür zwar nicht möglich, doch sind die wesentlichen Umstände nachprüfbar darzulegen, die zu einer Versagung der Bewaehrung geführt haben (Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § Rn. 23).

Zwar hat das Landgericht die Rechtsmittelbeschränkung und die geständige Einlassung des Angeklagten positiv für diesen in die vorzunehmende Gesamtwürdigung eingestellt und ihm auch nicht angelastet, dass er bisher nicht zu einer Schadenswiedergutmachung gekommen ist, doch reicht dies für eine umfassende Gesamtwürdigung i.S.d. § 56 Abs. 2 StGB allein auch angesichts der Überzeugung des Gerichts, der Angeklagten neige insbesondere in Streitsituationen zu Kurzschlussreaktionen, nicht aus. Es Hätte hier insbesondere angesichts der sonstigen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil erörtert werden müssen, ob sich angesichts des dem bislang unbestraften Angeklagten unbekannten Aufenthaltsortes seiner ehemaligen Ehefrau die Gefahr einer Begehung ähnlicher Taten wahrscheinlich ist, zumal zur Zeit des angefochtenen Urteils seit der Tat etwa 21 Monate vergangen waren und es offenbar tatsächlich auch nicht zu weiteren Vorkommnissen ähnlicher Natur gekommen ist.

Demenstrechend war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlungen und Entscheidung an einer kleinen Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.