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Zuweisung der Ehewohnung, Beschluss AG Dortmund

Familienrecht

Die Zuweisung der Ehewohnung:

Die Zuweisung der Ehewohnung ist ein weitreichender Eingriff in das familiäre Zusammenleben.

Die Zuweisung der Ehewohnung wird nur in eiligen Notlagen auf Antrag vom Familiengericht verfügt.

Bei der Zuweisung der Ehewohnung handelt es sich um eine Auseinandersetzung zwischen getrennt lebenden und sich streitenden Eheleuten. Die Eheleute lebten vorliegend innerhalb der Wohnung ca. seit August 2013 getrennt. Der Antragsgegner wurde zweimal nach dem Gewaltschutzgesetz der Wohnung verwiesen, einmal im Oktober 2013 und zuletzt am 24.12.2013, so dass sich die Frage nach Zuweisung der Ehewohnung stellte, zumal sein aktueller Aufenthaltsort unbekannt war. Die Zustände innerhalb der Wohnung wurden vor dem Beschluss immer belastender und unerträglicher, da der Antragsgegner psychisch und körperlich auf die Antragstellerin eingewirkt hatte. Die körperlichen Übergriffe erfolgten zuletzt ca. zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung. Am 24.12.2013 wurden Küche und Flur massiv beschädigt. Mehr gelang dem Antragsgegner nicht, weil die Polizei eintraf und ihn der Wohnung für 10 Tage verwies. Zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung wurde die Antragstellerin noch in Gegenwart der Kinder auf den Kopf, auf den Armen und am Körper geschlagen. Die Wohnung ist mit ca. … qm bei 4 Personen auch nicht so groß, dass man sich ständig aus dem Weg gehen kann. Es wäre sowohl dem Kindeswohl als auch dem Zusammenleben der Ehegatten sehr abträglich und psychisch und physisch belastend, wenn die Ehegatten weiterhin trotz nicht mehr bestehender Zuneigung miteinander innerhalb der Wohnung hätten auskommen müssen. Die Antragstellerin verkraftete das auch körperlich nicht mehr. Sie wurde ständig beleidigt. Ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung auf Zuweisung der Ehewohnung wurde daher gestellt, die nachstehend am 04.02.2014 wie folgt erging.

Beschluss des Amtsgerichts Dortmund,

110 F 6522/13, zur Zuweisung der Ehewohnung:

 

110 F 6522/13
Erlassen am 04.02.2014

 

durch Übergabe an die Geschäftsstelle
…,

Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Amtsgericht Dortmund

Familiengericht

Beschluss

In der einstweiligen Anordnungssache
der Frau … Dortmund,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,
g e g e n
Herrn … Dortmund,
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt … Lünen, hat das Amtsgericht Dortmund auf die mündliche Verhandlung vom 29.01.2014 durch die Richterin am Amtsgericht …

 

b e s c h l o s s e n :

I.

der Tenor (Zuweisung der Ehewohnung):

 

  1. Der Antragstellerin wird die im Haus … Dortmund im Erdgeschoß (… links) belegene … qm große und aus … Zimmern bestehende Ehewohnung vorläufig zur alleinigen Nutzung überlassen.
  2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, binnen zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung mit seinen persönlichen Sachen aus der Ehewohnung auszuziehen. Dem Antragsgegner wird untersagt, die Wohnung nochmals ohne Zustimmung der Antragstellerin zu betreten.
  3. Der Antragstellerin wird aufgegeben, dem Antragsgegner zur Abholung persönlicher Gegenstände Zutritt zur Wohnung zu gewähren.

 

II.

Im Übrigen werden die Anträge der Beteiligten zurückgewiesen.

III.

die Kostenentscheidung (Zuweisung der Ehewohnung):

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.

IV.

die Erklärung der sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses (Zuweisung der Ehewohnung):

Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.

 

V.

 

Der Verfahrenswert beträgt 1.500,- EUR.

 

Gründe (Zuweisung der Ehewohnung):

 

I.

der Sachverhalt (Zuweisung der Ehewohnung):

Die Beteiligten haben am 23.09.1996 die Ehe geschlossen. Aus ihrer Ehe sind die Kinder …, geb. … 1998 und …, geb. … 1999 hervorgegangen.
Bereits länger gibt es in der Beziehung der Eheleute Schwierigkeiten. So wurden in den Jahren 2000, 2004 und Ende 2012 Scheidungsverfahren eingeleitet und sodann nach Versöhnungen zurückgenommen oder -zuletzt- ruhend gestellt. Gleiches gilt für ein im Jahr 2010 eingeleitetes einstweiliges Gewaltschutzverfahren.

Noch im August 2013 bezogen die Eheleute eine gemeinsam erworbene Immobilie, um einen Neuanfang zu machen. Diese Hoffnung hat sich jedoch nicht bewahrheitet. Die Eheleute haben seit Einzug getrennte Schlafzimmer. Die Antragstellerin übernachtet in dem Zimmer ihrer Tochter.

 

Mit Oktober hat der Antragsgegner die Zahlungen auf die gemeinsame Wohnung eingestellt bzw. zurückbuchen lassen. Sowohl am 21.10.2013 als auch am24.12.2013 gab es im Haushalt der Eheleute einen Polizeieinsatz mit der Folge einer Wohnungsverweisung des Ehemannes. Die Ehefrau behauptet, körperliche Übergriffe ihres Ehemannes, Beleidigungen und Bedrohungen. Sämtliche Vorwürfe werden von dem Antragsgegner bestritten und behauptet, die Antragstellerin habe ihn ihrerseits beleidigt. Seit der letzten polizeilichen Wohnungsverweisung hält sich der Antragsgegner, der als LKW-Fahrer ausschließlich nachts arbeitet, in seinem Schrebergarten auf. Die Antragstellerin weigert sich, den Antragsgegner in die Wohnung zurückzulassen. Ein. Zusammenleben oder eine Teilung der Wohnung auch nur für kürzeste Zeit hält sie für ausgeschlossen. Sie und die Kinder lebten in ständiger Anspannung und Angst. Der Antragsgegner hält ein Getrenntleben in der Wohnung für möglich. Er ist zwar bereits auf der Suche nach einer eigenen Wohnung, möchte jedoch wenigstens bis zum 28.02.2014 in die Wohnung zurückkehren; um Küche und Bad zu nutzen.

 

Anträge (Zuweisung der Ehewohnung):

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

  1. der Antragstellerin die im Erdgeschoß, zweite von links gelegene, im Haus … Dortmund, … qm große Eigentumswohnung, bestehend aus … Zimmern, für die Dauer des Getrenntlebens der Beteiligten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.
  2. dem Antragsgegner aufzugeben, mit seinen persönlichen Sachen aus der unter Ziff. 1 genannten Ehewohnung sofort auszuziehen, die Wohnung der Antragstellerin zu übergeben und sie ohne ihre Zustimmung nicht wieder betreten; 3. dem Antragsgegner aufzugeben, sich von der Antragstellerin fern zu halten, sich ihr nicht mehr näher als 20 Meter zu nähern, sie nicht mehr anzusprechen und nicht mehr zu schlagen und von der Wohnung … für vorerst 6 Monate einen Abstand von 200 Meter einzuhalten.

Der Antragsgegner beantragt,

 

  1. die Anträge zurückzuweisen;
  2. der Antragstellerin aufzugeben, dem Antragsgegner die Mitbenutzung der im Erdgeschoß, zweite von links gelegene, im Haus … Dortmund, … qm große Eigentumswohnung, bestehend aus … Zimmern, zu ermöglichen, entsprechende Schlüssel zu den Räumen auszuhändigen und das Betreten der Räumlichkeiten zu dulden. Auf den einstweiligen Anordnungsantrag der Antragstellerin waren die o.g. Maßnahmen zu erlassen.

 

 

1.

unbillige Härte (Zuweisung der Ehewohnung):

Die Antragstellerin hat jedenfalls vorläufig zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Anspruch auf alleinige Zuweisung der Ehewohnung der von den Beteiligten als gemeinsame Ehewohnung bewohnten Immobilie … Dortmund.

Gem. § 1361 b BGB kann ein Ehegatte von dem anderen Ehegatten im Falle der Trennung verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder Teile der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden, wobei eine unbillige Härte auch dann gegeben sein kann, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kinder beeinträchtigt ist.

 

Voraussetzung für die Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehepartner ist eine unbillige Härte, welche neben den Fällen angedrohter oder ausgeübter Gewalt auch solche außergewöhnlichen Umstände umfasst, die auch bei Berücksichtigung der Interessen des anderen Ehepartners dessen Verbleib in der Wohnung für die Antragstellerin zu einer unerträglichen Belastung werden lassen (Palandt/Brudermüller, 73. Aufl. 2014, § 1361 b BGB Rn. 7). Ist ein erträgliches Zusammenleben der Familie unter einem Dach nicht mehr möglich, hat das Interesse der Kinder – an einer geordneten, ruhigen und entspannten FamiliensituationVorrang (Palandt § 1361 b Rn. 11).

 

Vorliegend kann dahinstehen bleiben, ob der Antragsgegner – wie von der Antragstellerin behauptet ‐ sie bei der Auseinandersetzung im Oktober 2013 geschlagen hat. Nach dem Ergebnis er persönlichen Anhörung der Eheleute und dem Polizeibericht vom 24.12.2013 steht für das Gericht jedoch fest, dass in der Familie eine spannungs- und hoch konfliktgeladene Atmosphäre besteht. Die Eheleute machen sich wechselseitig Vorwürfe. Die Antragstellerin sieht sich von dem Antragsgegner unter Druck gesetzt und schikaniert. Der Antragsgegner bestreitet sämtliche Angaben, sieht sich von der Ehefrau provoziert und verweist darauf, diese sei „bereits in Aplerbeck gewesen“ (Psychiatrie). Eine abschließende Beurteilung der Situation ist derzeit noch nicht möglich.

 

Nach dem Eindruck von den Eheleuten in der mündlichen Verhandlung hat die Ehefrau (begründet oder nicht) tatsächlich Sorge für den Fall einer Rückkehr des Ehemannes.

 

Entgegen der Angaben des Antragsgegners in hiesigem Verfahren hat er gegenüber der Polizei am 24.12.2013 durchaus eingeräumt, seine Ehefrau beleidigt zu haben. Auch räumt er ein, zwei Vasen zerschlagen zu haben. Das Gericht unterstellt, dass auch Beleidigungen seitens der Ehefrau erfolgten ‐ alles andere wäre lebensfremd. Bereits bei dieser Sachlage kann konstatiert werden, dass ein gedeihliches Zusammenleben der Familie unter einem Dach nicht mehr möglich ist, so dass eine Zuweisung der Ehewohnung angezeigt ist.

 

Eine Wohnungsüberlassung an einen Ehegatten setzt nämlich nicht vorrangig voraus, dass der andere die Wohnungssituation ausschließlich oder überwiegend verursacht hat. Vielmehr ist zu berücksichtigen, welchen Ehegatten unter Berücksichtigung von Kindesinteressen der Wohnungsverlust persönlich oder beruflich härter trifft. Dies ist hier die Antragstellerin, die sich um die Versorgung der Kinder kümmern muss. Hierbei war insbesondere auch zu berücksichtigen, dass es dem Antragsgegner allein schneller gelingen wird, vorübergehend eine kleine Unterkunft zu finden. Hierzu muss der Antragsgegner gar nicht in seinem Schrebergarten leben. Es gibt in Dortmund eine Vielzahl von Pensionen, sog. Monteurwohnungen etc., die tageweise für 20,‐ bis 25,‑ EUR angemietet werden können. Dies ist dem Antragsgegner finanziell auch unzweifelhaft zuzumuten, da er seit Oktober keine Zahlungen auf die gemeinsame Immobilie erbringt und auch keinen Unterhalt zahlt. Dies gilt umso mehr, als beide Eheleute einen langfristigen Verbleib in der Ehewohnung ausschließen und der Antragsgegner bereits auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist. Eine Aufteilung der ehelichen Wohnung in der Weise, dass den Beteiligten unterschiedliche Teilbereiche der Wohnung zugewiesen werden, kam vorliegend nicht in Betracht. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Wohnverhältnisse so großzügig bemessen sind, dass mit einem Zusammentreffen der zerstrittenen Beteiligten entweder nicht zu rechnen ist.

 

Zum anderen ist der Antragsgegner durchgängig tagsüber zu Hause, so dass ein stetiges Aufeinandertreffen zu befürchten ist. Insbesondere aber ist für das Gericht nicht erkennbar, dass sich die Beteiligten wenigstens im Interesse der Kinder zu arrangieren bereit sind und ein Mindestmaß an gegenseitiger Rücksichtnahme walten lassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei kleinsten Unstimmigkeiten erneut Eskalationen drohen, sollte nach den aktuell geschaffenen Fakten eine Wiederherstellung der Nutzungsgemeinschaft erfolgen. Das Gericht kann sich nämlich des Eindrucks nicht verwehren, dass es beiden Beteiligten vorliegend auch darum geht, eigene Interessen gegenüber dem anderen durchzusetzen.

 

Das Gericht ist nicht mit ausreichender Sicherheit davon überzeugt, dass -beidseitig- etwaig gerichtliche Vorgaben zu Wohnungsaufteilungen oder Zeiten eingehalten würden. Bei dieser Sachlage war der Antragstellerin die Wohnung jedenfalls vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Ehewohung zu überlassen. Allerdings sei an dieser Stelle nochmals betont, dass die Vorgehensweise der Ehefrau nicht unkritisch gesehen wird. Sie wäre angesichts ihrer Schilderungen gehalten gewesen, ein Wohnungszuweisungsverfahren zu betreiben, bevor es zu dem 2. Polizeieinsatz kam, umso erträgliche Lösungen für beide Seiten zu erarbeiten und nicht auf Basis der erst durch die Polizei geschaffenen Fakten dann Eilverfahren einzuleiten. Denn die jetzt zu beurteilende Situation bestand offensichtlich auch schon vor dem 24.12.2013.

 

 

2.

Zutritt nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin (Zuweisung der Ehewohnung):

 

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus Schutz‐ und Unterlassungsanordnungen gem. § 1361 b Abs. 3 S. 1 BGB geltend macht, war anzuordnen, dass der Antragsgegner die Wohnung nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin betreten darf, um ein überraschendes Aufeinandertreffen in der Wohnung zu vermeiden. Er hat seine persönlichen Sachen aus der Wohnung zu entfernen ‐ darf dies aber auch. Die Antragstellerin ist gehalten, dem Antragsgegner Zutritt zu gewähren, wobei ein Termin sinnvollerweise über die Anwälte vereinbart werden sollte. Weitere Maßnahmen sind nichtangezeigt. Zum einen ist davon auszugehen, dass durch die räumliche Trennung das Konfliktpotenzial minimiert ist. Zum anderen rechtfertigt der bestrittene Vortrag der Antragstellerin keine weiteren Maßnahmen. Das Gericht wird sich bemühen, in dem Hauptsacheverfahren möglichst zeitnah einen Jugendamtsbericht zu erhalten, die Kinder anzuhören und die Polizeibeamten zu hören, um eine abschließende Regelung für die Dauer des Getrenntlebens zu finden.

 

 

III.

Kostenentscheidung (Zuweisung der Ehewohnung):

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Das Gericht hält eine Kostenteilung für angezeigt, obwohl die Wohnungszuweisung an die Antragstellerin erfolgte. Denn hiesige Entscheidung beruhte vornehmlich auf der Erwägung,“ dass -unabhängig von Schuldfragen- für die Kinder eine räumliche Trennung der Eheleute herbeigeführt werden sollte.

 

IV.

Nebenentscheidung (Zuweisung der Ehewohnung):

 

Die Nebenentscheidung ergibt sich aus § 209 Abs. 2 S. 2 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus § 48 Abs. 1, § 41 S. 2 FamGKG.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:


Ausgefertigt