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Ehrschutzklage auf Unterlassung, Urteil AG Dortmund

Ehrschutzklage:

Der nachstehende Fall handelt von einem sehr verbreiteten Thema der vermeintlichen Beleidigung und Verunglimpfung einer Partei während eines gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Verfahrens, wenn sich die eine Partei durch den Sachvortrag der jeweils anderen Partei gekränkt und in ihrer Ehre verletzt sieht.

 

Rechtsstreitigkeiten wegen vermeintlicher Ehrverletzungen wie Beleidigungen, Verleumdungen, Übler Nachrede, Verunglimpfungen, etc. … werden auch Ehrschutzklage oder Ehrschutzprozess genannt. Sie kommen sehr häufig vor, wie beispielsweise in dem bereist veröffentlichen Fall vor dem AG Dortmund und dem LG Dortmund.

 

Gegenstand einer solchen Ehrschutzklage ist die Forderung der einen Partei, die jeweils andere dürfen in Zukunft diese oder jene Beleidigung etc. … (Ehrverletzung) nicht mehr vornehmen. Sie habe es also zu unterlassen, dies oder jenes zu sagen.

 

Das besondere an dem nachstehenden Fall ist der Umstand, dass die vermeintliche Ehrverletzung nicht auf der Straße oder irgendwo erfolgte sondern in einem Gerichtsverfahren, hier sogar in einem sog. „Schiedsgerichtsverfahren“, also in einem vor einem Gerichtsverfahren vorgeschalteten Verfahren vor dem Schiedsmann.

In einem solchen Fall sollte man, wenn man sich vom Vortrag der Gegenseite in seiner Ehre gekränkt fühlt, gleichwohl keine Ehrschutzklage erheben, denn ihr fehlte das Rechtsschutzbedürfnis. So hat das Amtsgericht Dortmund ausgeführt:

„Eine Ehrschutzklage ist bereits dann als unzulässig abzuweisen, wenn aus der Sicht des Äußernden ein plausibler Grund bestehen kann, das Verhalten des Dritten zum Gegenstand seines Prozessvortrags zu machen (vgl. BGH, NJW 2008, 996, 998)“.

Ein plausibler Grund, etwas unanständiges während eines laufenden Prozesses zu äußern, besteht häufig. Dies berechtigt jedoch den „Ehr-Verletzten“ nicht, den „Ehrschutzverletzer“ in einem weiteren Porozess mit einer auf Unterlassung gerichteten Ehrschutzklage in Anspruch zu nehmen. Dieser Prozess geht verloren, wie man dem nachstehenden Prozess entnehmen kann.

 

Ehrschutzklage – das Urteil des AG Dortmund:

 

Beglaubigte Abschrift

 

414 C 8225/16

 

Verkündet am 30.01.2017

 

…, Justizbeschäftigte

als Urkundsbeamtin der

Geschäftsstelle

 

 

Amtsgericht Dortmund

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

 

  1. der Frau … Dortmund,
  2. des Herrn … Dortmund,

Kläger,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte … Dortmund,

 

 

g e g e n

 

  1. Frau … , Dortmund,
  2. Herrn Dr. … , Dortmund,

 

Beklagten,

 

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,

 

 

hat das Amtsgericht Dortmund

auf die mündliche Verhandlung vom 23.01.2017

durch die Richterin …

für Recht erkannt:

 

 

 

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

 

Tatbestand (Ehrschutzklage):

 

Die Parteien sind Nachbarn.

Anlässlich eines im Frühjahr 2016 geführten Schiedsverfahrens, in weichem die Kläger ‐ in jenem Verfahren als Antragsteller ‐ die Beseitigung von Kameras und Pflanzen verfolgten, trugen die Beklagten ‐‐ in jenem Verfahren als Antragsgegner ‑ mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2016 Folgendes vor: „Es ist festzuhalten, dass den Antragstellern mit Schreiben des Unterzeichners vom 09.12.2015 kategorisch untersagt worden ist unter Androhung von Strafe, die Antragsgegner weiter zu terrorisieren und zu belästigen. Seit vielen Jahren werden die Antragsgegner durch Intrigen, Rufschädigung, Voyeurismus gemobbt und gestalkt. Es sind Fotos angefertigt und Protokolle über das Verhalten der Antragsgegner geführt worden. (…)“ Wegen der weiteren Einzelheiten des anwaltlichen Schreibens vom 13.05.2016 wird auf Bl. 5 ff. der Akte Bezug genommen.

Die Kläger forderten die Beklagten in der Folgezeit erfolglos zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung auf und führten im August 2016 ein diesbezügliches Schiedsverfahren.

Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen Folgendes zu behaupten: Die Kläger terrorisieren und belästigen die Beklagten und mobben und staiken die Beklagten seit vielen Jahren durch Intrigen, Rufschädigung, Voyeurismus. Den Beklagten fürjeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von bis zu 25.000,00 €, ersatzweise Zwangshaft anzudrohen. Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da es den Klägern am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Es stünde den Klägern frei, die streitgegenständlichen Äußerungen im ebenfalls am Amtsgericht Dortmund geführten Verfahren zum Aktenzeichen 409 C 5328/16 überprüfen zu lassen, welches sich mit der Thematik des im Frühjahr 2016 geführten Schiedsverfahrens auseinandersetze. Unstreitig werden die Äußerungen im dortigen Verfahren ebenfalls thematisiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe(Ehrschutzklage):

Die Klage hat keinen Erfolg.

 

1.

Die Kläger können von den Beklagten nicht die Unterlassung der streitgegenständlichen Behauptungen verlangen. Insoweit fehlt es den Klägern bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Zwar haben die Beklagten während des im Frühjahr 2016 mit den Klägern geführten Schiedsverfahrens unstreitig behauptet, die Kläger würden sie terrorisieren, belästigen, stalken, mobben und seit vielen Jahren Intrigen, Rufschädigung und Voyeurismus verüben.
Die Kläger können jedoch in einem Schiedsverfahren getätigte ehrkränkende Äußerung nicht mittels einer selbständigen Ehrschutzklage verfolgen und Unterlassung der Äußerungen verlangen.

 

(Ehrschutzklage – es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis):

Es fehlt insoweit das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BGH, NJW 2008, 996 m. w. N.). Äußerungen zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten im Zusammenhang mit rechtlich geordneten Verfahren dürfen nicht mit den Mitteln des zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes bekämpft werden.

 

Gegenüber Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren dienen, besteht in aller Regel kein Bedürfnis an einer gesonderten Ehrschutzklage. Die Versagung separaten Schutzes gegen „prozessuale“ Verletzungen des Persönlichkeitsrechts gilt für alle Verfahren zur Durchsetzung privater Rechte, auch für den Schiedsprozess. Ehrkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Verfahren der Rechtsdurchsetzung dienen, können in aller Regel nicht mit Ehrschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der Verfahrensbeteiligten beeinträchtigt werden. Vielmehr sollen die Parteien in einem (schieds-) gerichtlichen Verfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozess vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Äußerungen in einem gerichtlichen Verfahren dienen in der Regel der Ausführung oder Verteidigung von Rechten und damit der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 193 StGB. Grundsätzlich können sie nicht zum Gegenstand einer Unterlassungs- oder Widerrufsforderung oder eines gesonderten Verfahrens gemacht werden. Die rechtliche Unangreifbarkeit des Prozessvorbringens gilt aber nicht uneingeschränkt.

 

(Ehrschutzklage – fehlender Sachbezug zum Gerichtsverfahren):

So wird die Ansicht vertreten, dass von der Privilegierung des Prozessvorbringens Äußerungen ohne Sachbezug nicht umfasst seien (BGH, NJW-RR 1999, 1251; OLG München, NJW-RR 2001, 765). Kein Sachbezug bestehe etwa, wenn Äußerungen fallen, die nach Form und Inhalt den Charakter einer unzulässigen Schmähung haben, da sie nicht der sachlichen Auseinandersetzung dienen, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (OLG Köln, Urteil vom 03.04.1992, Az. 19 U 182/91). Der Ausschluss der Ehrschutzklage könne nur mit der besonderen Interessenlage anlässlich eines oder im Hinblick auf ein bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden (BGH, Urteil vom 17.12.1991, Az. VI ZR 169/91).

 

Daher müssten die aufgestellten Behauptungen einen unmittelbaren Bezug zum Gegenstand des Rechtsstreits haben (OLG München, NJW‐RR 2001, 765).
Dem ist zuzustimmen, das Merkmal des „fehlenden Sachbezugs“ ist aber restriktiv zu handhaben und auf offenkundiges Fehlen eines Sachbezugs zu beschränken. Der verletzenden Äußerung muss jeglicher Bezug zu dem Verfahren offenkundig fehlen. Im Übrigen ist eine Einschränkung nicht gerechtfertigt. Denn eine solche Ausnahme hätte zur Folge, dass in einem zweiten Prozess geprüft werden müsste, ob das angegriffene Vorbringen im ersten erheblich ist oder wie schwer die Vorwerfbarkeit einer falschen Äußerung wiegt. Allein die Aufnahme einer solchen Prüfung, schon gar ihre Durchführung mit in beiden Verfahren möglicherweise unterschiedlichen Ergebnissen könne die Effektivität des Rechtsschutzes in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigen (Rixecker in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, Anh. § 12, Rdn. 227; OLG Celle, NJW-RR 1999, 385).

 

(Ehrschutzklage – bereits unzulässig, wenn plausibler Grund für Äußerungen besteht):

Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung bei einem Ehrenschutzprozess der vorliegenden Art ist demnach nicht zu prüfen, ob der beanstandete Vortrag entscheidungserheblich, schlüssig oder beweisbar ist. Eine Ehrschutzklage ist bereits dann als unzulässig abzuweisen, wenn aus der Sicht des Äußernden ein plausibler Grund bestehen kann, das Verhalten des Dritten zum Gegenstand seines Prozessvortrags zu machen (vgl. BGH, NJW 2008, 996, 998). Dies ist hier der Fall. Im vorliegenden Fall stand die Äußerung der damaligen Antragsgegnerin Bezug zum Inhalt des Rechtsstreits. Es ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ‐ nicht zuletzt im Rahmen von nachbarrechtlichen Auseinandersetzungen ‐ verbreitet, dass die Parteien auch zum Randgeschehen vortragen und ein bestimmtes „Bild“ der gegnerischen Partei zu zeichnen versuchen. Dies mag sowohl darauf abzielen, den Inhalt etwaiger (schieds-) gerichtlicher Vergleichsvorschläge zugunsten des Vortragenden zu beeinflussen als auch etwa die Ausfüllung des § 242 BGB im nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis anzuleiten.

 

Entgegen der Ansicht der Kläger kann der Prozessvortrag der Beklagten nicht als offensichtlich unwahr in dem Sinne angesehen werden, dass die Möglichkeit einer selbständigen Ehrschutzklage zu eröffnen wäre. Im Ausgangsverfahren wurden hierzu keine Feststellungen getroffen. Es ist auch nicht ersichtlich, wie solche Feststellungen, soweit es sich überhaupt und Tatsachenbehauptungen und nicht um Werturteile handelt, ohne Beweisaufnahme getroffen werden können.

 

(Ehrschutzklage – keine unzulässigen Schmähungen):

Die beanstandeten Äußerungen stellen auch keine im Rahmen des Prozessvortrags unzulässige Schmähung der.

Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzer Kritik in der Herabsetzung des Gegners besteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.09.2015, Az. 1 BvR 3217/14, Rn. 13 ff.); eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht nicht aus (vgl. BGH NJW 2008, 996 (998) m. w. N.) Anders als die Kläger meinen, kann die Äußerung der Beklagten nicht zerlegt und Wort für Wort betrachtet werden, sondern muss in ihrer Gesamtheit und in dem Kontext gesehen werden, in dem sie gefallen ist. Liest man die Äußerung der Beklagten im Ganzen, dann beinhaltet sie vor allem das subjektive Gefühl, von den Klägern bereits seit längerem belästigt zu werden und das nunmehrige Schiedsverfahren als erneute Schikane im Rahmen einer Reihe von Schikanen empfinden. Dabei ist auch die Wortwahl der Beklagten abgelöst von der von den Klägern aus der Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ zitierten Definition zu betrachten und im allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen (vgl. BVerfGE 93, 266, 307). Im umgangssprachlichen Gebrauch wird „Stalking“ auch als ein überdurchschnittliches Interesse am Privatleben des Gegenübers verstanden, ohne dass hierdurch der § 238 StGB verwirklicht würde. Ähnliches gilt für Voyeurismus, welches auch lediglich – das Beobachten des Gegenübers meint. Im Zusammenhang mit der Wahl der Wörter „terrorisieren“, „belästigen“, „mobben“ und „Intrigen“ wird erkennbar, dass es den Beklagten darum ging darzustellen, dass es den Klägern ein Anliegen zu sein scheint, ihnen das Leben zu erschweren und das nunmehrige Schiedsverfahren als weiteres Glied in dieser Kette empfunden wird.

Damit zielt die Wortwahl der Beklagten nicht auf die Herabwürdigung der Kläger als Person, sondern die offensichtlich gravierend zugespitzte aber gleichwohl auf die Sache bezogene Kritik der Beklagten im Vordergrund.

 
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.