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Nachfahren, Beschluss OLG Hamm

Nachfahren-Sachverhalt AG Dortmund:

RA Sven Reissenberger berichtet von einem Fall zum Thema Nachfahren und Fahrverbot, konkret über die Verhängung eines Fahrverbots aufgrund einer Geschwindigkeitsübertretung aufgrund von Nachfahren mit einem Polizei-Kfz in der Dunkelheit auf der B 236 zwischen Dortmund und Schwerte bei schlechten Sichtverhältnissen. Das Amtsgericht Dortmund kam zu einer Verurteilung, das OLG Hamm hob das Urteil aufgrund der Rechtsbeschwerde des RA Reissenberger auf und verwies die Sache zurück.

An dieser Stelle wird auf zwei weitere Beschlüsse des OLG Hamm zum Thema Nachfahren verwiesen. In dem zuerst genannten Fall hatte das AG Bochum den Mandanten verurteilt, nachdem ein Nachfahren von zwei Polizeibeamten auf der A 40 zwischen Dortmund und Essen im Bereich Dortmund/Bochum vorgelegen hat. Der Bezugsbeschluss ist deshalb besonders wertvoll, weil das OLG Hamm dort weitere Kriterien zum Thema Nachfahren aufgestellt hat.

Nachfahren-Beschluss OLG Hamm zu Urteil AG Dortmund:

III – 1 RBs 5/13

OLG Hamm

 

Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm

-Bußgeldsache-

Beschluss

 

gegen…

Verteidiger: Rechtsanwalt Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 05.10.2012 gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 04.10.2012 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 07.02.2013 durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. …

als Einzelrichter gem. § 80 a Abs. 1 OWiG

nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

 

I. (Tatbestand):

Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 168 Euro verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat – unter Gewährung der sog. „Viermonatsfrist“ – verhängt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 11.07.2012 mit seinem Pkw die B 236n in Fahrtrichtung Schwerte. Dort ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt. Die beiden Zeugen (Polizeibeamte) fuhren auf einer Strecke von mindestens 1.300 m mit ihrem Funkstreifenwagen, der über einen ungeeichten Tacho verfügt, hinterher. Die Entfernung zwischen den beiden Fahrzeugen betrug mindestens 100m und vergrößerte sich auf dieser Distanz. Die Zeugen lasen auf ihrem Tacho eine Geschwindigkeit von 160 km/h ab. Unter Berücksichtigung eines Toleranzabzuges von 20 % hat das Amtsgericht dem Betroffenen eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 128 km/h zur Last gelegt.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache insoweit an das Amtsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

 

II. (Beschlussgründ):

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg und führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung und Zurückverweisung (§§ 79 Abs. 3,5 OWiG, 349, 354 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet.

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils unterliegt der Aufhebung.

Das Amtsgericht hat die Erhöhung der Regelgeldbuße (insoweit ist es irrtümlich von einer Regelgeldbuße von 150 Euro und nicht – wie in Nr. 11.3.7 BKatV in der bis zum 31.10.2012 gültigen Fassung bzw. TB-Nr. 14724 des bundeseinheitlichen Tatbestandskataloges vorgesehen – von 160 Euro ausgegangen) mit nicht näher bezeichneten Voreintragungen des Betroffenen und damit begründet, dass die wirtschaftliche Situation des Betroffenen „durchschnittlich“ sei. Hinsichtlich der Voreintragungen sind die Feststellungen lückenhaft, denn sie erlauben keine Überprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts auf die Rechtsfehlerfreiheit ihrer Berücksichtigung (z. B., ob nicht etwa tilgungsreife Eintragungen zu Lasten des Betroffenen verwendet wurden). Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse sind die Feststellungen widersprüchlich, denn an anderer Stelle heißt es im angefochtenen Urteil, dass der Betroffene „zum jetzigen Zeitpunkt nichts“ verdiene.

Der Senat kann letztlich – auch wenn die Erhöhung der Regelgeldbuße nur 8 Euro beträgt – nicht ausschließen (auch wenn dies nicht gerade nahe liegt), dass auch diese Erhöhung bei vollständigen bz. widerspruchsfreien Feststellungen unterblieben wäre, so dass das Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht. Wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße betrifft die Aufhebung den gesamten Rechtsfolgenausspruch. Eine eigene Sachentscheidung nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 354 Abs. 1 a StPO war angesichts der unzureichenden Feststellungen ebenfalls kein Raum.